|
Herkunft und ZuchtgeschichteVon "russischen Wintermärchen", Legendenstrickern, herabsetzenden Behauptungen und dem, was man wirklich weiß Weitere Informationen zur Zuchtgeschichte, auch speziell der Neva finden Sie auch unter Zuchtfragen. Herkunft der langhaarigen Katzen RusslandsÜber die Herkunft der Sibirischen Katze wird viel Unsinn
verbreitet und selbst in sogenannten Fachzeitschriften immer wieder kolportiert,
nicht zu reden von so mancher Züchterhomepage, wo einer vom anderen
abschreibt. Zunächst zu den von den Züchtern der Rasse selbstgestrickten Legenden: Hier das derzeit häufigste Fundstück: St. Petersburg (woher die Rasse doch wie oben behauptet
stammen soll) wurde erst 1703 gegründet, als rund 700 Jahre später.
Die Ursprünge Russlands reichen bis etwa in das 9. Jahrhundert zurück,
ebenso die der kyrillischen Schrift. Die ältesten überhaupt
überlieferte russische Urkunden soll aus den Jahren 1263-1360 stammen
und handeln nicht von Katzen.. (Quelle)
Mit an Sicherheit grenzender Warscheinlichkeit gab es um das Jahr 1000 weder in Russland, noch in Sibirien überhaupt noch keine Katzen. Vielleicht hat ja beim Abschreiben von einer anderen Homepage irgend wann irgend jemand vesehentlich eine 0 angefügt ? "Mehr als 100 Jahre" passen eher zu dem, was zum Vorkommen langhaariger Katzen in Russland wirklich belegbar ist. Unlängst konnte man in der Zeitschrift OUR CATS lesen, dass die Sibirische Katze aus den "extrem kalten Regionen Sibiriens und des Kaukasus" stammen würde, "aus den kältesten Gebieten der Erde", wo sie "Temperaturen von unter -50 Grad aushalten" müssten. Die Pfoten seien "wie bei anderen arktischen Tieren mit Haarbüscheln ausgestattet". Nur mal nebenbei bemerkt: Die Entfernung vom Kaukasus bis zur Westgrenze Sibiriens ist größer als die zwischen Berlin und Stankt Petersburg, zu schweigen von der Entfernung vom Kaukasus bis zur Arktis. Da liegt Berlin näher am Polarkreis. Ich frage mich wirklich, ob Leute, die soetwas schreiben, sich tatsächlich mit der Biologie der Katzen und der Tierwelt der Arktis oder auch nur mit Geographie befasst haben. Offenbar nicht, denn sonst wüßten sie, das sich "die kältesten Regionen der Erde" in der Antarktis, also nahe des Südpols befinden. Wenn aber die kälteste bewohnte Region der Erde gemeint ist, so liegt diese in Nordost-Jakutien, welches nach russischem Verständnis nicht zu Sibirien sondern zum Fernen Osten gehört, während "Sibirien" hinter dem Ural beginnt und bis etwa 100km südöstlich des Baikalsees reicht. Die "arktischen" Regionen wiederum liegen nördlich des Polarkreises. Welche Tiere sind nun in der Arktis überlebensfähig?
Von den Säugetieren sind es z.B. : Eisbären, Polarwölfe
und -füchse, Moschusochsen, Rentiere, Polarhasen. Bei langhaarigen Rassen, aus wärmeren Regionen, die was wunder, ebenfalls Haare zwischen den Zehen haben, wird diese "geniale Erfindung der Natur" damit begründet, dass sie Schutz vor dem heißen Wüstensand bieten würden. Wie man's braucht ... Ebenfalls in diesem Rasseporträt wird zudem behauptet,
die Haare würden die Bildung von Eisklumpen zwischen den Zehen verhindern.
Leider ist das Gegenteil der Fall. Bei nassem Schnee bilden sich unangenehme Eisklümpchen zwischen den Zehen, die schlimmstenfalls sogar die Pfoten wundreiben können. Besitzer langhaariger Hunde können ebenfalls ein Lied davon singen. Aber woher sollten das Züchter von Stubenkatzen wissen? Im Übrigen finden sich diese Haarbüschel mehr oder weniger ausgeprägt bei allen Langhaarkatzen. Beim Perser z.B. werden sie aber fein säuberlich mit der Nagelschere weggetrimmt. Allerdigs kann es auch jenseits der Arktis, dort wo es tatsächlich Katzen gibt (auch Kurzhaarige!) in so mancher Gegend Russlands auch mal gerne -45° kalt werden. Manche Züchter beharren auf einer engen Verwandschaft
der Sibirischen Katze mit Wildkatzen, wie der kaukasischen Wildkatze,
oder behaupten gar, in Sibirien gäbe es "endemische Wildkatzen",
welche die Vorfahren der Sibirischen Katze wären. Wildkatzen (Felis
Silvetris silvestris) gibt es in Restbeständen tatsächlich im
Kaukasus und auch in den Grenzregionen der Ukraine und Weißrusslands
zu Polen, welche bekanntlich nicht zu Sibirien gehören. Der Vorreiter der "Kaukasische-Wildkatze-Theorie"
ist Alexander Kolesnikow. Sieht man sich Bilder von Felis silvestris silvestris
an, so ist man schon versucht, der Theorie zuzustimmen:
Doch so naheliegend angesichts der Ähnlichkeit diese Theorie auch zu sein scheint: Es gibt nichts Greifbares, was sie untermauern könnte. Im Gegenteil. Neue Forschungen zur Abstammung a l l e r Hauskatzen haben belegt, dass die Ahnen aller Hauskatzen aus dem Nahen Osten stammen. (http://www.wissenschaft.de/wissenschaft/hintergrund/279805.html) Trotz der äußeren Typähnlichkeit, besonders der getigerten Exemplare, ist also die Europäische Wildkatze einschließlich ihrer Variante, der Kaukasischen Wildkatze,offenbar nicht in meßbarer Größenordnung am Genpool der Sibirischen Katze (resp. russischen Hauskatze) beteiligt; sowenig wie überhaupt an dem der Hauskatze. Neben den Erkenntnissen der Genforschung spricht auch die geringe Überschneidung der Lebensräume des Kulturfolgers Hauskatze und der in möglichst unzugänglichen Räumen lebenden Wildkatze gegen eine nennenswerte Vermischung. Auch passen Einzelgänger Wildkatze und die sozialer lebende Hauskatze vom Verhalten nicht zusammen. Auch Hybriden gelten als praktisch nicht zähmbar. Solange nicht genetische Analysen etwas anderes beweisen, müssen wir wohl davon ausgehen, dass wir eher von einer phänotypischen Parallelentwicklung als von messbarer genetischer Verwandtschaft ausgehen müssen. Zudem wären nennenswerte Vermischungen wohl eher in Gebieten zu erwarten, wo es bei weitem mehr Wildkatzen gibt als gerade in Russland. Leider konnte ich bisher auch nichts darüber finden, ob das längere Fell der Europäischen Wildkatze tatsächlich genetisch Langhhar ist oder nur eine besonders üppige Kurzhaarvariante, wie sie z.B. auch die Britsch Kurzhaar hat. Es dürfte ehrer letzteres der Fall sein.
Übrigens gibt es auch in Deutschland genug kurzhaarige
Hauskatzen, die auf den ersten Blick Wildkatzen frappierend ähnlich
sehen, ohne Wildkatzenblut zu haben. Da der Haustierabschuss in Deutschland
erlaubt ist, fallen auch genug Wildkatzen Jägern zum Opfer. Andererseits
kommt es immer wieder vor, dass junge Wildkatzen für Hauskatzen gehalten
und "adoptiert" werden - bis ihr Verhalten Zweifel aufkommen
läßt. Die Bayrische Forstverwaltung hat deshalb sogar einen Test auf ihrer Homepage. Interessanterweise empfinden wir den Typ der Europäischen Wildkatze gar nicht als besonders wildkatzenhaft, wohl weil er eben dem unserer Hauskatzen so nahe kommt. Wir halten fest: Aber Russische Wintermärchen sind eben viel schöner als die ganz alltägliche Warheit. Die Warheit ist, dass die gewöhnliche russische Hauskatze
zur Gruppe der europäischen Hauskatze gehört, die vom europäischen
Teil Russlands und der Ukraine bis nach Sibirien verbreitet ist, wohin
sie mit den russischen Kolonisten eingewandert ist. (Nicht umgekehrt)
Unter diesen Hauskatzen ist das Langhaargen verbreitet und zwar ebenfalls
von Westrussland bis in die Regionen südöstlich des Ural und
weiter bis in den Fernen Osten Russlands - im Grunde überall dort,
wo überhaupt Hauskatzen gehalten werden. Liest man die Rassebeschreibungen auf vielen Homepages, so könnte man meinen, schon die freilaufenden "Sibirischen Katzen" in Russland wären eine eigenständige Spezies. Aber wie sollte das gehen, wenn genauso viele Kurzhaarige herumlaufen? Dieses Bild, aufgenommen im Wolgograder Gebiet, zeigt anschaulich, wie es wirklich aussieht: Klick mich>> Die Bezeichnung "Sibirische Katze" ist ursprünglich keine Rasse- oder Herkunftsbezeichnung, sondern bezeichnet einen bestimmten Katzentyp. Das Langhaargen wird rezessiv vererbt, weshalb die kurzhaarigen Katzen (übrigens mindestens ebenso wetterfest) überall in der Überzahl sind und waren. Liegt manchmal ein langhaariges Kätzchen im Wurf, womöglich noch von besonders kräftiger Statur, so bezeichneten die Russen so ein Tier gern als "Sibirische Katze"; nicht etwa weil sie glaubten, ihre Vorfahren kämen daher, sondern weil sie mit ihrem Pelz eben so schön sibirisch ausschaut.(Quelle: Irina Sadovnikowa) Streng genommen gibt es also überhaupt keine in sich geschlossene NaturRASSE "Sibirische Katze", sondern gelegentlich langhaarige Exemplare der russischen Hauskatze mit gewöhnlicher kurzhaariger Verwandtschaft. Bei den anderen Waldkatzen liegen diese Verhältnisse übrigens ganz ähnlich. Erst die Zucht mit diesen Einzelexemplaren hat sie zur Rasse geformt. Diese Rasse darf man aber schon als Naturrasse bezeichnen, denn anders als viele andere Rassen ist sie nicht künstlich durch Kreuzung bestehender -rassen entstanden. Was die "Waldkatzen"grundlegend von in jüngster Zeit auch bei und gelegentlich auftauchenden langhaarigen Hauskatzenabkömmlingen unterscheidet, ist die Tatsache, dass es die Waldkatzen eben NICHT gibt, weil mal irgend einlanghaariger Rassekater Freigang hatte, sondern weil die Langhaarmutation schon seit langem, vermutlich seit Jahrhunderten in diesen Populationen existiert. Genau das unterscheidet sie auch von ähnlichen Straßenkatzen z.B. in Südeuropa, bei denen eine Vielzahl vor die Tür gesetzter Rassekatzen mitmischen.
Woher kommt das Langhaargen in den russischen Hauskatzenpopulationen? Auf alle Fälle gab es wohl langhaarige Katzen in einigen Teilen Russlands schon sehr früh. Dass es durch Angorakatzen des russischen Adels verbreitet worden sein könnte, ist sehr unwarscheinlich, denn diese wenigen, meist weißen Auslandsimporte waren kostbar und wurden gehütet. In den Revolutionswirren zurückgelassene Katzen dürfte das selbe Schicksal ereilt haben, wie andere Tiere aus adeligem Besitz: So wurden kostbare Araberpferde z. B. gepeinigt, ihnen die Augen ausgestochen und erhängt. Zudem waren russische Langhaarkatzen auch im Ausland bereits Ende des 19. Jahrhunderts, also vor der Revolution, bekannt. Wie es scheint, hat sich das Langhaargen in der russischen
Hauskatzenpopulation zunächst in den südlichen Regionen Russlands,
ausgehend von den alten Handelswegen der Seidenstraße verbreitet,
ob nun ursprünglich von west nach ost oder umgekehrt, sei dahingestellt.
Möglicherweise gab es neben dem Nahen Osten eine weitere geographisch
Ursprungsregion der Langhaarmutation in China. Die frühesten Darstellungen
langhaariger Katzen finden sich auf auf chinesischen Tuschezeichnungen
des 10. und 11. Jahrhunderts. Jedenfalls waren langhaarige Katzen besonders in den südlichen
Regionen, wie der südöstlichen Ukreine, aber auch in der südlichen
Uralregion offenbar schon sehr lange anzutreffen. Schriftliche Quellen sind rar. Wenn ein Interesse an Katzen zu schriftlichen Äußerungen führte, ging es primär immer um die Pelze. Die wenigen Quellen sind mit Vorsicht auszuwerten. Nich jede Erwähnung einer Katze in Russland meint gleich eine im Typ der heutigen Sibirischen Katze. Ja, selbst dort, wo die Bezeichnung "Sibirische Katze" verwendet wird, muss keine langhaarige Katze gemeint gewesen sein. Der Begriff "Sibirische Katze"Einer der ältesten schriftliche Belege der Bezeichnung "Sibirische Katze" stammt aus dem Jahre 1832, ist also ca. 170 Jahre alt: In dem Buch "Letters from the north of Europe;
or a journal of travels in Holland, Denmark &c" von
Charles Boileau Elliot bezeichnet ein Händler auf eindringliche
Nachfrage des Reisenden den Pelzbesatz seines Mantelkragens als "Sibirische
Katze". Doch Vorsicht mir vorschneller Gleichsetztung. Der von ihm
zunächst verwendete Fachausdruck der Rauchwarenhändler
"jennet" bezeichnet das Fell der Ginsterkatze (Genetta),
ein Edelpelz, der übrigens kurzhaarig ist, wobei noch zu erwähnen
ist, dass Langhaarkatzen als nicht verwendbar für Pelzzwecke galten.
Ähnlich dürfte es mit Beispiel 2 sein: In dem Buch "St. Petersburgh: A journal of travels to and from that capital ..., Band 1 von Augustus Bozzi Granville aus dem Jahre 1828 steht folgendes: "In an open sledge they not unfrequently wear a cap made of the fur of a Siberian cat or a sable." Eine Kappe aus dem Fell einer Sibirischen Katze oder einem Zobel. Auch hier dürfte die Sparversion des Genetta-Fells gemeint sein. Ein weiterer Hinweis auf die Pelzbezeichnung "Sibirische
Katze" findet sich in dem um 1913 erschienenen Buch von Emil
Brass: "Sibirien liefert eine langhaarige Katze (Anm.:
gemeint ist ein Pelz) mit feinem, seidenartigem Haar, aber meist schwarzer
oder bräunlicher Farbe..." Auch Emil Brass machte bereits im Bezug auf den Pelz den Fehler, der auch heut ständig im Bezug auf die Katze gemacht wird: Er setzt die Bezeichnung mit der Herkunft gleich. Nicht unwarscheinlich, dass über die Assoziation mit dem verbreiteten PELZ-Billigimmitat der Begriff "Sibirische Katze" überhaupt erst auf besonders pelzig aussehende Katzen übertragen wurde. Erste schriftliche HinweiseDer älteste schriftliche Beleg zu lebenden Katzen stammt aus dem Jahre 1864, ist also ca. 150 Jahre alt: In "Brehms Tierleben" von 1864 (nicht erst in der 1925ziger Ausgabe, wie meist zu lesen) wurde eine rote Tobolsker Katze aus Sibirien erwähnt. Tobolsk liegt östlich des südlichen Ural. 1895 berichtet die in Leipzig herausgegebene Illustrierte Zeitung, dass ein Pärchen "Sibirischer Katzen" im Dresdner Zoo gezeigt würde. Obwohl dies aus den Quelltexten nicht ganz eindeutig hervorgeht, dürften es in beiden Fällen langhaarige Katzen gewesen sein. Gewöhnliche Kurzhaarkatzen dürfte der Zoo nicht extra aus Sibirien eingeführt haben. Auch eine einfach nur rote Katze wäre nichts Erwähnenswertes gewesen. Hier die Originalseite aus Brehms
Tierleben 1864.
Auch in dem 1889 in England erschienenen Buch "OUR
CATS" von Harrison Weir ist ein Kapitel der russischen Langhaarkatze
gewidmet. Hier
im Open-library-Projekt Harrison Weir erwähnt, dass er nie in Erfahrung bringen
konnte, aus welcher Gegend Russlands seine eigene Russische Langhaarkatze
(die auf der obigen Federzeichnung) stammte. Sieht man sich die Karte
des damaligen Russischen Reiches an, so bleibt natürlich eine
Menge Spielraum. Auffällig ist die Grenznähe und sogar Überschneidung
mit Gebieten, die als Herkunftsregionen der Ende des 19. Jahrhunderts
erwähnten Langhaarigen Varitäten wie Persischer bzw. Khorassan-Katze
(Iran, Afghanistan, Tadschikistan) und Angorakatze (Türkei und auch
zum sogenannten "Hochasien" - Tibet, Nepal, Kashmir). Interssannt,
dass es ähnliche Katzentypen auch heute noch in diesen Weltgegenden
gibt:
im Iran und in
Afghanistan.
Shyla,
papierlose Hauskatze aus der Ukraine. Ich erhielt das Foto von ihren Besitzern
per E-mail mit der Frage, ob ihre Katze, wohl eine Sibirische Katze sein
könnte. Als um die Jahrhundertwende erste Katzenausstellungen besonders in England abgehalten wurden, waren auch langhaarige Katzen aus Russland ausgestellt. Allerdings wurden damals, ja selbst bei uns bis in die 60ziger Jahre hinein alle langhaarigen Katzen oftmals pauschal als Angorakatzen bezeichnet, bzw. wurden die damals kursierenden Bezeichnungene und Klassifizierungen sehr uneinheitlich verwendet. Eine Zucht nach Herkunftsgebieten gab es nicht. Die ohnehin seltenen langhaarigen Katzen unterschiedlicher Herkunft wurden miteinander verkreuzt und gingen ausnahmslos schließlich in der Zucht der heutigen Rasse "Perserkatze" auf. Bemerkung am Rande: Ein Beispiel, wie beliebig die langhaarigen Katzen früher klassifiziert wurden, findet sich in dem in Berlin 1896 publizierten Buch "ILLUSTRIERTES KATZENBUCH" von Jean Bungartz, wo es im Kapitel ANGORAKATZEN heißt: "So sah Radde (wer ist das?) im Süden Sibiriens immer nur schöne graue oder blaugraue Angoras, sogen. Chanchilla-Katzen. In dem Städtchen Tjumen, etwas östlich vom Ostabhange des Ural, traf er die ersten an, weitere kamen ihm in den russischen Ansiedlungen zu Gesicht, doch waren sie auch da seltener wie die gewöhnlichen Hauskatzen." -während er doch in dem oben zitierten Gartenlaube-Artikel die Angora-Katze in "Hochasien"(Kashmir, Tibet,Nepal) ansiedelt, ansonsten diese dagegen meist in der Türkei zugerechnet wird. Auch damals schon schrieb offensichtlich einer vom anderen
ab. Interessant in dem Gartenlaube-Artikel ist der Hinweis
auf die wohl erste Katzenausstellung in Deutschland im Oktober 1897 in
München:"...sie wies nur 77 Nummern auf, brachte, aber einige
prächtige Tiere im Werte von 300 bis 1000 Mark zur Schau."
- damals eine ungeheuere Summe, sicher gezahlt für exotische langhaarige
Tiere, denn, anders als in Russland, kamen in Deutschland unter Hauskatzen
langhaarige Katzen nicht vor. Zum Vergleich: Der Durchschnittslohn eines
Arbeiters lag um 1900 bei etwa 834,00 Goldmark - im Jahr!! Eigentlich kann es nur Zufall gewesen sein, dass Radde nur blaue langhaarige Katzen sah, denn wie er bemerkte gab es weit mehr kurzhaarige Hauskatzen, die offensichtlich nicht alle blau waren, sonst hätte er das vermerkt. Katzen suchen sich ihre Partner schließlich nicht nach Farbe und Haarart.
Aus Perm, einer Nachbarstadt von Tjumen stammt übrigens auch die Vorgängerkatze unseres "Kusja" aus dem K-Wurf. Ihr deutscher Besitzer (DDR) arbeitete in Perm, wo er "Schapka" auf dem Markt kaufte. Die weite Reise ins Brandenburgische machte sie mit ihrem Besitzer im Auto (ohne Transportbox!). Sie war eine blaue, langhaarige Katze, ganz ähnlich denen, die Radde 100 Jahre zuvor im gar nicht so weit entfernten Tjumen gesehen hatte. Leider habe ich von Schapka kein brauchbares Foto. Offensichtlich gibt es die blauen langhaarigen Katzen dort also bis heute. In Tjumen gibt es sogar einen "Platz der Sibirischen
Katzen" mit einem Denkmal für die Sibirische Katze aus Eisenguss.
Es soll daran erinnern, dass nach dem zweiten Weltkrieg in einer großen
Aktion Katzen, vorrangig aus Omsk, Tjumen und Itkutsk in die katzenfreie,
von einer Rattenplage heimgesuchte Stadt Leningrad gebracht wurden. Dem
Hungerwinter 1941/42 während der Blokade waren sämtliche Katzen
zum Opfer gefallen. Selbst in dem in Amerika (USA) 1900 erschienenen Buch von Helen M. Winslow "Concerning Cats" werden russische Langhaarkatzen erwähnt: " The Russian long-haired pet is much less common
even than the Persian and Angora.It is fond of cold weather, and its fur
is denser, indicating that it has been used to colder regions. Many of
the cats that we see are crosses of Angora and Persian, or Angora Aber kaum hatten sich in Westeuropa und den USA die Anfänge einer Rassekatzenzucht entwickelt, an der auch die Russische Langhaarkatze ihren Anteil hatte, geriet sie als eigenständige Langhaarvarität auch schon wieder in Vergessenheit, wie übrigens auch die eigentliche Angorakatze aus der Türkei. Die wachsende Beliebtheit der in England herausgezüchteten "Perserkatze" verdrängte für Jahrzehnte andere Langhaarkatzen. Zudem war mit der Oktoberrevolution 1917 in Russland auch mit der Ausfuhr besonderer russischer Katzen Schluss. - fast bis zum Fall des "Eisernen Vorhangs" Ende der 80ziger Jahre. Dies gilt übrigens genauso in die andere Richtung. Russland, resp. die Sowjetunion war praktisch schon von der internationalen Rassekatzenzucht abgeschnitten, als diese gerade erst in Fahrt kam. Aber auch heute noch erregen die schönen Hauskatzen
die Aufmerksamkeit Reisender. Hier ein Beispiel aus Sibirien(die weiß-graue
Katze): http://www.flickr.com/photos/huxley1312/178474434/ ...und hier in Perm (West-Sibirien): Viele weitere Fotos finden Sie unter Straßenkatzen. In einer sowjetischen allgemeinen Enzyklopädie aus dem Jahre 1959 ist ein Kapitel der Hauskatze gewidmet. Darin findet sich auch eine Bildtafel, welche die damals in der Sowjetunion bekannten Hauskatzen-Typen zeigt. Darunter findet sich auch, übrigens an erster Stelle, die Sibirische Katze:
Die sehen meinem Peter doch ziemlich ähnlich, oder? Hier
die gesamte Tafel (Klick auf das Bild öffnet eine Großansicht)
Interessanterweise scheinen als "Perser" und "Angora"
ausschließlich weiße, bzw. sehr helle Katzen ohne ausgeprägte
Zeichnung einestuft worden zu sein. Mit der "Schwanzlosen" dürfte
die irische Manx gemeint sein, die auch der gute BREHM bereits beschrieb.
Die Auflistung der Hauskatzenvarianten (von Rassen ist nicht die Rede!)
wie auch die Verwendung von Zeichnungen an Stelle von Fotos läßt
darauf schließen, dass auch hier wieder einmal aus anderen Quellen
abgeschrieben wurde (dem BREHM), was bei der Erstellung einer Enzyklopädie
auch ganz natürlich ist, ergänzt durch den einheimischen Typ
"sibirische Katze". Auf alle Fälle sagt die Tafel nur,
dass die Existenz der abgebildeten Katzentypen bekannt war, nicht aber,
dass sie alle auch in der Sowjetunion als eigenständige Rasse vorhanden
oder gar rein gezüchtet worden wären. Wer in der DDR großgeworden
ist, kennt den feinen Unterschied auch aus unseren Hunde- und Katzenbüchern,
zumal speziell eine Enzyklopädie einfach Wissen vermitteln soll.
Der Beginn der planmäßigen ZuchtDie Geburtsstunde der "Sibirische Katze" als eigenständige langhaarige Rassekatze schlug jedoch erst mit dem Beginn der planmäßigen Zucht in und außerhalb der, damals noch, Sowjetunion. In der Sowjetunion begann die planmäßige Zucht der Sibirskaja
Koschka 1987 in St. Petersburg und von Anfang an war auch die pointfarbige
"Newskaja Maskaradnaja" wie sie in Rußland nach dem Fluß
Neva heißt, im Standard inbegriffen. (Lesen Sie dazu auch unter
Zuchtfragen)
THE
SIBERIAN CAT - Schon einige Jahre früher, etwa 1983/84 (die Quellen schwanken da) tauchten die ersten Sibirischen Katzen in der DDR auf, allerdings nicht aus Züchterhand und auch nicht aus Leningrad oder Moskau, sondern mitgebracht von Bauarbeitern des FDJ-Jugendprojetes der sogenannten "Zweiten Trasse" der Erdgasleitung in der Sowjetunion. Ob bereits in den Jahren des ersten Bauabschnitts 1975-1977 auch Tiere mit in die DDR genommen wurden, ist nicht belegt. Das gemeinsame Projekt der RGW- Länder führte von Urengoi bis Ushgorod. Der erste Bauabschnitt der FDJ befand sich in der Ukraine und der zweite in Russland südlich von Moskau. Die Standorte in der Ukraine waren in Bar, Gorodenka, Bogorodtschany, Wolowez, Stryi sowie in Iwano- Frankowsk, Gussjatin, Tolstoje und Beresowka. Jefremow, Perwomaiski, Lipezk, Starojurewo, Serpuchow und Tula waren unter anderem Standorte in Russland. Der dritte und härteste FDJ- Bauabschnitt im Ural wurde erst ab 1984 in Angriff genommen.
Ulrich Bischoff bekam übrigens an der Trasse auch eine einheimische "Siamkatze" geschenkt, die Freunde später mit in die DDR nahmen. (>> siehe Zuchtfragen) Er schrieb mir: "In den 11 Jahren meines Einsatzes
in Russland, im Ural und in Kasachstan sind mir viele echte Katzen bei
den Einheimischen und bei unseren Mit einigen dieser Trassenkatzen wurde in der DDR bereits ab 1985 (also
noch vor dem Zuchtbeginn im Mutterland) auch systematisch gezüchtet
und ab 1986 auch ausgestellt. Am 1.1.1987 wurde die Sibirische Katze
in der DDR offiziell als eigene Rasse anerkannt und ihr ein eigener Standard
zugewiesen, also noch bevor dies in Russland selbst der Fall war. Die
erste in einem deutschen Einige wenige Züchter gibt es noch, die ihren Bestand weitgehend auf diesen Trassenkatzen aufgebaut haben. Da diese Katzen im Gegensatz zu den meisten Gründerkatzen in Russland aus ländlichen Gegenden stammen, sind sie über jeden Zweifel bezüglich ihrer Reinheit erhaben. Damit sind sie züchterisch besonders wertvoll und es ist lohnend mit diesen Tieren,sowohl, soweit möglich, einen besonderen Genpool zu erhalten, als auch sie züchterisch vermehrt in der Gesamtzucht einzusetzen, um Fremdbluteinflüsse neueren Datums zurückzudrängen. Etliche "sibirische Katzen" brachten auch die Angehörigen der Westgruppe der sowjetischen Streitkräfte mit in die DDR und ließen sie bei ihrem Abzug zurück. Auf einer Katzenschau erzählte mir eine Besucherin, solche Katzen liefen auf einem Areal der Roten Armee herum, dass sie als ABM-Kraft mit aufräumen sollte. Leider schlugen alle Versuche der Frauen fehl, eine solche Katze einzufangen. Eine Bekannte von mir hatte ebenfalls eine langhaarige russische Findelkatze - ein wahres Prachtexemplar in black-tabby. Leider gingen diese Katzen wohl weitgehend einer planmäßigen Zucht verloren. Noch immer kommt es vor, dass Leute von einem Russlandaufentalt ein Kätzchen mitbringen, irgendwo aufgelesen und es für einen Norweger halten. Ebenfalls 1987 kam mit einer russischen Auswanderer-Familie ein Zuchtpaar
Sibirischer Katzen in die BRD. Doch erst mit dem Besitzerwechsel von Tima
und Mussa in die Hände des Züchterehepaars Schultz 1989 wurde
der erste registrierte Wurf in der Bundesrepublik gezogen. Zu Beginn der Zucht im Westen wurde versucht, die neue Rasse unter dem
Namen "Sibirische Waldkatze" zu etablieren. Dies scheiterte
einerseits an dem Widerstand der Norweger- und Main Coon-Züchter,
entsprach auf der anderen Seite aber auch nicht der traditionellen Bezeichnung
im Mutterland. Heute heißt die Rasse ganz offiziell und bei allen
Dachverbänden "SIBIRISCHE KATZE". Aber die Bezeichnung
"Sibirische Waldkatze" scheint in Deutschland unausrottbar,
sogar in den Meldeformularen für Katzenausstellungen mancher Vereine,
weshalb man als Züchter, befragt, ob man Sibirische Waldkatzen züchte,
besser nickt. Jeder Erklärungsversuch endet gewöhnlich mit ungläubigen
Blicken und dem Verdacht, man züchte eben nicht die "richtigen
Sibirischen Waldkatzen." Noch heute gibt es viele unregistrierte Tiere im Typ der Sibirische Katze, die als normale Hauskatzen leben, in allen Teilen der früheren Sowjetunion (siehe Fotos und Links weiter oben)- kaum ein Reisebericht, in dem der aufmerksame Zuschauer nicht eine sibirische Schönheit, gelegentlich sogar in Point, entdecken kann. Ich verweise noch einmal auf die Linksammlung zu Straßenkatzen. Mehr zur Geschichte der Neva und zum Langhaargen finden Sie unter Zuchtfragen. Aber halt! "In der Sowjetunion gab es ganz wenige Perserkatzen und weil doch jeder so eine tolle Katze haben wollte, hat man mit den paar Persern alles gedeckt, was vier Beine hat. So sind die Sibirischen Katzen entstanden." Hätte der Gute in der DDR gelebt, so wüßte er, das Mangelwirtschaft
anders geht: Selbst heute in der Bundesrepublik, wo es doch unendlich viele langhaarige Rassekatzen und solche ohne Papiere gibt, ist eine langhaarige Hauskatze auf dem Dorf oder in Großstadtstraßen eine Nadel im Heuhaufen. Aber man arbeitet dran. Neulich erreichte mich per E-mail ein Hilferuf der Besitzerein eines abgängigen, potenten Sibirischen Katers, der regelmäßig Freigang genoss. Man wollte etwas über das Verhalten potenter Kater wissen und wie die Heimkehrchancen stünden. Warum der nicht kastriert sei? Die umwerfende Antwort: Als Rassekatze sei er doch zu schade zum kastrieren. Aber da in Russland (resp. der Sowjetunion) alles ganz anders war, werden da natürlich wenige Zirkuskatzen gereicht haben, um von Brest bis Wladiwostok auch in den abgelegensten Gegenden das Langhaargen zu etablieren. Diese These geht übrigens auf die Anfänge der Sibirier-Zucht in der Bundesrepublik zurück und war das Totschlagargument der etablierten Norweger- und Maine-Coon-Züchter gegen die neue, als bedrohliche Konkurrenz empfundene Rasse. Möchten Sie Züchter in Ihrer Nähe finden ?
|
||